Effektive Filialsteuerung im Cross-Channel-Handel
November 2013
- Die zunehmende Integration von Vertriebskanälen und die Entwicklungen integrierter und kanalübergreifender Services führen zu einem sich verändernden Verhalten der Konsumenten im Kaufprozess.
- Die Performance und die Wertbeiträge einzelner Vertriebskanäle lassen sich dabei nicht mehr überschneidungsfrei und ausschließlich anhand von qualitativen Kennzahlen ermitteln.
- Der Wert eines ‘echten‘ Cross-Channel Geschäfts- und Betriebsmodells spiegelt sich vielmehr auf übergeordneter Ebene wider. Aus einer solchen Perspektive sind die Cross-Channel Handelsunternehmen erfolgreich, die es schaffen, ihre Gesamtumsätze stärker als ihre Flächen zu steigern, ohne gleichsam Bestände auszuweiten.
- Händler sollten sich auf eine neue, übergeordnete und pragmatische Kennzahl fokussieren, die die Vertriebsleistung aller Kanäle unter Einbezug von Bestands- und Flächeninvestitionen berücksichtigt: ‘Return on Invested Resources’ (RIR).
Kundenbedürfnisse differenzieren sich zunehmend aus. Spezielle Wünsche und Vorstellungen über die Art und Weise des Einkaufens spiegeln sich in verändertem Kundenverhalten wider. Die Forderung nach einer ineinandergreifenden Customer Experience, einem komfortablen und interessanten Einkaufserlebnis über alle Vertriebskanäle hinweg, scheint sich dabei als verbindendes Element herauszukristallisieren: Kunden wollen mit einem Unternehmen – einer Marke – über verschiedenste Kanäle in Kontakt treten, ohne den Ansprechpartner wechseln zu müssen. Dazu gehören auch, unabhängig vom jeweiligen Kanal, umfassende Informationsmöglichkeiten, der Zugang zu Kundendaten, konsistente Angebote und deren Präsentation, einheitliche Marketingaktionen sowie eine übergreifende Bestell- und Lieferverwaltung.
Kunden fordern ein integriertes Serviceangebot – Für Händler bedeutet das nicht weniger als die Transformation des Geschäftsmodells
Echter Cross-Channel Commerce (C3) bedeutet, dass mehrere Kanäle als Teil einer übergreifenden Marke integriert sind – aus Kundensicht bedeutet dies unterschiedliche Interaktionspunkte mit einem Unternehmen. Es entsteht ein zunehmend ineinandergreifendes Serviceangebot. Filialen wandeln sich vom Wettbewerber des Online-Kanals zum erfolgskritischen Baustein, um das Marken- und Werteversprechen des Unternehmens als Ganzes zu erfüllen.
Nahezu zwei Drittel der Handelsunternehmen in Deutschland bieten bereits das sogenannte Click&Collect-Verfahren an, bei dem online gekaufte Ware in der Filiale abgeholt werden kann. Den umgekehrten Weg, den Kauf der Ware in der Filiale mittels eines In-Store Terminals und Lieferung der Ware nach Hause, bieten bisher nur ein Drittel der deutschen Händler an, die Lieferung in den Store nur knapp 30 Prozent. Rund ein Viertel der Handelsunternehmen ermöglicht seinen Kunden den Kauf per Telefon im Call Center und anschließenden Bezug der Ware in einer Filiale.
Return on Invested Resources als neue Kennzahl im Cross-Channel Management
Wenn bisher etablierte Kennzahlen, wie zum Beispiel flächenbereinigte Umsätze, also nicht mehr zielführend sind, da Kanäle mit unterschiedlichen Kernlogiken zunehmend interdependent sind, wie kann also die Leistungsfähigkeit des Vertriebssystems gemessen werden? Vieles spricht dafür, sich von einer klaren Orientierung und dezidierten Bewertung des einzelnen Point-of-Sale zu lösen und stattdessen die Gesamtperformance der Vertriebskanäle zu berücksichtigen. Aus einer solchen Perspektive sind die Cross-Channel Handelsunternehmen erfolgreich, die es schaffen, ihre Gesamtumsätze stärker als ihre Flächen zu steigern, ohne gleichsam Bestände auszuweiten. Eine solche Kernerfolgsgröße – der ‚Return on Invested Ressources‘ (RIR) –, stellt gleichermaßen die beiden wesentlichen Ressourcen von Cross-Channel Handelsunternehmen, Fläche (Flächenproduktivität) und Ware (Warenumschlag), in den Fokus.
Berechnung des ‘Return on invested Resource’ (RIR):
RIR [Euro/Quadratmeter] = Gesamtumsatz [Euro] ÷ Gesamtfläche [Quadratmeter] x Gesamtumsatz [Euro] ÷ Bestand [Euro]
Untersucht man den Zusammenhang von RIR und Kurs aktiennotierter Handelsunternehmen, lässt sich eine hohe Korrelation feststellen, was die Steuerungswirkung der Kennzahl RIR bestätigt. Dennoch verbleibt eine strategische Kennzahl RIR auf einer abstrakten Ebene und bietet nur bedingten Einsatz zur operativen Steuerung von Filialsystemen. Daher sollte sie durch multidimensionale Steuerungsgrößen hinterlegt werden, die sowohl die Interdependenzen und Schnittstellen von Kanälen zum Ausdruck bringen als auch Veränderungen des RIR erklären können – das C3-Dashboard.
Vom Flächenbereinigten Umsatz zu neuen Cross-Channel Steuerungssystemen
In verstärkten Cross-Channel Vertriebsstrategien sehen Handelsunternehmen häufig den Ausweg, sinkenden Umsätzen entgegenzuwirken, indem sie ihren Kunden neue Vertriebswege anbieten. Aufgrund deren unterschiedlichen Logiken fällt eine effektive Vertriebssteuerung innerhalb bestehender Steuerungssysteme jedoch zunehmend schwer. Entsprechend schlagen wir vor, dass sich Händler auf eine übergeordnete pragmatische Kennzahl ‘Return on Invested Resources’ fokussieren, die die Vertriebsleistung aller Kanäle unter Einbezug von Bestands- und Flächeninvestitionen berücksichtigt. Um diese übergeordnete Kennzahl zu steuern, sollten Unternehmen ihr spezifisches Kennzahlensystem aufbauen, dass die jeweilige C3-Strategie wiederspiegelt.
Im ersten Schritt gilt es, unvoreingenommen und losgelöst die strategische Zielrichtung, die das Unternehmen mit seinen C3-Vorhaben verfolgt definieren.
In einem zweiten Schritt sollte eine Parametrisierung der Umsatz- und Kostenzurechnung zu den Kanälen erfolgen. Selbst wenn dies zur Berechnung der Erfolgsgröße RIR nicht notwendig sein sollte, sind die Detailinformationen zur Erhebung und Steuerung des erwähnten multidimensionalen C3-Dashboards erforderlich.
Als dritter Schritt müssen Unternehmen eine Theorie über die Wirkungszusammenhänge der entscheidenden Kennzahlen des C3-Dashboards entwickeln. Dabei spielt auch die Definition und Bewertung qualitativer Informationen, die zur Steuerung des Vertriebsnetzwerks benötigt werden und quantitativer Informationen erst in den notwendigen Kontext setzen, eine wichtige Rolle. Die zentrale Frage ist dabei, welche Kennzahlen haben einen möglichst direkten Einfluss auf den RIR und welche Informationen werden benötigt, um die Kennzahlen richtig zu deuten.
Im vierten Schritt sollten Kennzahlen auf Abteilungen und möglichst auch auf die Mitarbeiter heruntergebrochen werden, um damit das Gesamtziel über die Vertriebskanäle in der Organisation zu verankern und möglichen Interessenskonflikten entgegenzuwirken. Wichtig ist dabei, dass Mitarbeiter eine Verbindung zwischen ihrer täglichen Arbeit, den definierten Kennzahlen und erhobenen qualitativen Informationen sowie letztlich dem Gesamtziel herstellen können, um Ihre Fähigkeiten effektiv einsetzen zu können und damit einen konkreten Wertbeitrag ihrer Leistung erkennen können.
Die Definition eines neuen Steuerungssystems ist jedoch kein einmaliger Prozess. Vielmehr liegt der Wert in der kontinuierlichen Überprüfung definierter Kennzahlen, erhobener Informationen und deren angenommenen Wirkungszusammenhänge zum Gesamtziel, der Steigerung des ‚Return of Invested Resources‘.
RP#3_Filialsteuerung
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