Ecosysteme und Plattformen verändern die Handelslandschaft
September 2017
- Einzelne Unternehmen werden sich in einem hyperkompetitiven und hochdynamischen Wettbewerbsumfeld nur noch schwer behaupten können. Wettbewerb wird künftig vielmehr zwischen Unternehmensnetzwerken stattfinden, die alle Aktivitäten einer Wertschöpfungskette bis hin zum Kunden abdecken.
- Das Konzept der Ecosysteme geht jedoch weit über den Informationsaustausch und die Übernahme von Wertschöpfungsaktivitäten hinaus. Es stellt vielmehr den integralen Bestandteil eines neuen (Handels-)Geschäftsmodells dar.
- Plattformhandel als Zukunftsmodell lässt Industriegrenzen verschwimmen – physischer Besitz von Ressourcen wird damit zweitrangig.
- Plattformkonzepte sind ‚einzelnen‘ Unternehmen in drei Dimensionen überlegen: Sie verzichten auf ineffiziente Akteure in der Wertschöpfungskette zum Kunden; sie sind flexibler und agiler durch die geteilte Nutzung von Ressourcen; und sie gehen auf die Bedürfnisse des individuellen Kunden ein.
Die Abgrenzung des eigenen Unternehmens gegenüber dem Wettbewerb hat über Jahre hinweg die die Praxis nahezu aller Handelsunternehmen geprägt. Unternehmen verstanden sich dabei als ‘Einzelkämpfer’ im Wettbewerb um den Kunden. In einer Welt, die durch ‘Hyper-Wettbewerb’ und eine hohe Dynamik geprägt ist, hat dieser Ansatz jedoch kaum noch Bestand. Unternehmen werden sich alleine nur noch schwer behaupten können, insbesondere da sie relevante Ressourcen wie Kompetenzen und Fähigkeiten sowie Wissen und Informationen eigenständig kaum mehr aufbauen oder halten können.
Die Geburt von Ecosystemen: Wettbewerb findet künftig zwischen Unternehmensnetzwerken statt
Wettbewerb wird künftig stärker zwischen Unternehmensnetzwerken ausgetragen, um den zukünftigen Herausforderungen gerecht zu werden. In sogenannten Ecosystemen schließen sich alle Akteure einer Wertschöpfungskette bis hin zum Kunden zusammen. In der Folge entsteht ein dynamisches System, dass es den Teilnehmern ermöglicht, miteinander zu interagieren, ihr Leistungsportfolio zu ergänzen und so vielseitiger, flexibler, schneller und schlagkräftiger zu werden. Eine geteilte Ressourcenbasis ist dabei der entscheidende Erfolgsfaktor des Ecosystems. Der Besitz von Ressourcen ist demnach in einem von Plattformen dominierten Wertschöpfungssystem künftig nur noch zweitrangig – das Ecosystem stellt alle notwendigen Ressourcen bereit. Damit Unternehmen die Vorteile eines solchen Systems jedoch auch nutzen können, müssen sie ihre Strategie im Kern auf nachhaltige Kooperationen auslegen. Nur so kann ein offenes Netzwerk entstehen, dem sich weitere Teilnehmer mit neuen Leistungen anschließen können.
Plattformhandel als Zukunftsmodell
Eine besondere Ausprägung solcher Ecosysteme sind Plattformen: Nutzern wird von einem Unternehmen eine zentrale Ressource zur Verfügung gestellt, mit Hilfe derer sie ihre eigenen Aktivitäten optimieren können. Ein plattformbasiertes Geschäftsmodell ermöglicht es beispielsweise dem Modehandel, eine größere Auswahl anzubieten, den Konsumenten inspirierende Inhalte zu zeigen, Liefermethoden kontinuierlich zu optimieren sowie einen Zugang zu Fashion-Expertise anzubieten, um so Kunden zu begeistern und langfristig zu binden. Modehändler können ihre Plattform dabei gleichermaßen für Produzenten, Stylisten, Influencer und Logistikdienstleister öffnen, um mit jedem weiteren Teilnehmer Vorteile zu generieren.
Plattformkonzepte schlagen ‚einzelne‘ Unternehmen daher in drei zentralen Dimensionen. Erstens, sie verzichten auf ineffiziente Elemente innerhalb der Wertschöpfungskette zum Kunden. Zweitens, sie schalten durch das Loslösen von physischem Besitz und Nutzung von Ressourcen neue Quellen der Wertschöpfung frei. Und drittens, sie beziehen den Kunden in die Wertschöpfung ein und fördern so ein aktives Mitgestalten durch den Kunden.
Umwandlung bestehender Wertschöpfungslogiken
Ecosysteme und Plattformen verschieben damit die Grenzen des Wettbewerbs. Handelsunternehmen stehen plötzlich in Konkurrenz zu Medienunternehmen, wie das Beispiel Spotify zeigt. Kooperation und ‘Coopetition’, also Kooperationswettbewerb, bestimmen fortan den Markt. Unternehmen müssen heute lernen, bestehende Wertschöpfungslogiken nicht mehr mit aller Macht zu verteidigen, sondern vielmehr kontinuierlich weiterzuentwickeln, sich neu zu definieren und ihr bestehendes Geschäftsmodell so proaktiv obsolet zu machen. In einer Welt von Ecosystemen und Plattformen sind für Unternehmen dabei vier richtungsweisende Schritte erfolgsentscheidend: (1) Kundenbedürfnisse verstehen, (2) sich innerhalb des Ecosystems unverzichtbar machen, (3) relevante Kompetenzen entwickeln und (4) das Ecosystem zum Erfolg führen. Dabei werden Unternehmen gleichermaßen zum Designer und Strategen des Ecosystems, dem sie angehören.
RP#12_Ecosysteme und Plattformen
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