City Centre

Erwartungen an den Einkaufsstandort

Oktober 2019


Key Insights
  • Rückläufige Passantenfrequenzen sowie ein anhaltender Attraktivitätsverlust als Folge eines veränderten Konsumentenverhaltens und einer wachsenden Bedeutung von Online- und Cross-Channel Handel prägen das Bild zahlreicher deutscher Klein- und Mittelstädte.
  • Attraktive Mischformen aus Arbeit und Wohnen, Tourismus, Kultur, Gastronomie und Handel zeichnen ein aus Kundensicht attraktives Stadtbild aus. Insbesondere der lokale Fachhandel trägt zur Entwicklung einer charakteristischen Innenstadt bei.
  • Innovative Storeformate und Pop-up-Stores prägen einen individuellen Charakter einer Stadt und sorgen für Dynamik und Abwechslung.
  • Erreichbarkeit des Einkaufsstandortes und ausreichende Parkmöglichkeiten stellen eine aus Kundensicht entscheidende Anforderung an die Attraktivität der Innenstadt dar – Mobilität wird somit zu einem Hygenefaktor.
  • ‚Digitale Services‘ gelten aus Sicht vieler Städte als Heilsbringer, reichen jedoch als Kundenmagnet nicht aus.
  • Die Rolle der Innenstadt verändert sich von einem reinen Transaktionspunkt zu einem ‚Point of Experience‘.

Deutsche Innenstädte leiden unter einem Attraktivitätsverlust und damit einhergehend rückläufigen Besucherzahlen. Sowohl Klein- und Mittelstädte als auch Großstädte und Metropolen sind von dieser Entwicklung betroffen und verzeichnen seit Jahren rückläufige Passantenfrequenzen. Die Ursachen liegen einerseits in einem veränderten Konsumentenverhalten begründet. Aus Konsumentensicht verliert die Freizeitbeschäftigung Shopping seit 2015 an Bedeutung, was sich in einem deutlich zunehmenden Anteil der Bevölkerung widerspiegelt, die es seltener als einmal monatlich zum Shopping und Schaufensterbummel in die Innenstädte lockt. Andererseits gewinnt der Online- und Cross-Channel-Handel rasant an Bedeutung und bietet Konsumenten eine bequeme Alternative zum Innenstadtshopping.

tive Storeformate, wie beispielsweise zeitlich befristete Pop-up-Stores, von Gastronomie und insbesondere dem Handel den individuellen Charakter einer Innenstadt. Sie bringen Dynamik und Abwechslung

Aus Sicht der Stadt und des lokalen Einzelhandels ergeben sich daraus zwei zentrale Fragen. Erstens, was macht die Innenstadt als Einkaufsstandort attraktiv? Zweitens, welche Konzepte und Maßnahmen zieht Konsumenten in die Innenstadt?

1. Vielseitigkeit

Konsumenten wünschen sich eine vielseitige und abwechslungsreiche Innenstadt. Attraktive Mischformen aus Arbeit und Wohnen, Tourismus und Kultur sowie Gastronomie und Handel prägen dabei ein charakteristisches Stadtbild. Relevant ist hierbei, dass nicht nur der filialisierte Handel, insbesondere aber auch der lokale Fachhandel in den Innenstädten vertreten ist. Hierin liegt jedoch ein zentrales Problem vieler Innenstädte begründet. Aufgrund sehr hoher und stetig steigender Mietpreise in den 1A-Lagen, die meist nur für Filialisten zu stemmen sind, weisen viele Städte einen hohen Filialisierungsgrad auf. So zum Beispiel in Frankfurt am Main mit einem Anteil an Filialisten in den Top-Lagen von knapp 90 Prozent. Die Folge: Innenstädte werden austauschbar.

2. Innovative Storeformate

Darüber hinaus fördern innovative Storeformate, wie beispielsweise zeitlich befristete Pop-up-Stores, von Gastronomie und insbesondere dem Handel den individuellen Charakter einer Innenstadt. Sie bringen Dynamik und Abwechslung in das Stadtbild und fördern so die Attraktivität des Einkaufsstandortes. Eine wesentliche Hürde in der Umsetzung solcher kurzfristigen Konzepte liegt meist in der Verfügbarkeit entsprechender Flächen. So fördern zum Beispiel Leerstände (sofern sie von einer begrenzten Dauer und in einer überschaubaren Häufigkeit auftreten) die Möglichkeit der Umsetzung innovativer Pop-up-Stores. Dies birgt jedoch auch einen Zielkonflikt. Während freie Flächen für neue Konzepte aus Sicht von Handel und Gastronomie in begrenztem Maße förderlich sind, gilt es aus Sicht der Stadt und der Immobilienbesitzer, Leerstände zu vermeiden und stattdessen Mieter möglichst langfristig zu binden. Hier muss eine ausgewogene Balance gefunden und ein proaktives Management betrieben werden, um die Innenstadt sowohl innovativ und abwechslungsreich zu gestalten als auch übermäßige und lang andauernde Leerstände zu vermeiden. Kurzfristige Leerstände sollten dabei durch eine entsprechende Kommunikation begleitet werden, indem auf eine Neueröffnung beziehungsweise auf ein neues Format hingewiesen wird und so das Interesse des Kunden geweckt wird.

3. Mobilität

Eine aus Konsumentensicht entscheidende Anforderung an eine attraktive Innenstadt ist ein schlüssiges Verkehrs- und Mobilitätskonzept. Konkret erwarten Konsumenten eine gute Erreichbarkeit des Einkaufsstandortes sowie die Verfügbarkeit ausreichender Parkmöglichkeiten zu einem angemessenen Preis. Viele Städte können diese Erwartungen hingegen kaum erfüllen, haben sich diese in der Vergangenheit viel zu sehr auf die Reduktion des Innenstadtverkehrs fokussiert sowie Parkmöglichkeiten verringert, ohne dabei alternative Konzepte, zum Beispiel einen Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs zu fördern. In der Folge lassen sich wie eingangs beschrieben rückläufige Passantenzahlen beobachten, die insbesondere aus nachlassenden Besuchern aus dem Umland resultieren. Städte sind dabei gefragt, einen Spagat zwischen ökologischen als auch wirtschaftlichen Aspekten zu erreichen. Innovative Städte zeichnet darüber hinaus aus, dass sie nicht nur die Kundenerwartungen hinsichtlich Erreichbarkeit und Parkmöglichkeiten erfüllen, sondern gleichzeitig Lösungen anbieten, die ein komfortables bargeld- und ticketloses Parken ermöglichen, indem sie entsprechende Services mit den digitalen Angeboten der Stadt verknüpfen.

4. Digitale Services

Digitale Services werden aus Sicht vieler Städte zum Heilsbringer im Umgang mit der voranschreitenden Digitalisierung stilisiert. Dabei wird jedoch meist der Kundennutzen dieser Services aus den Augen verloren. Es geht dabei also weniger darum, alle möglichen digitalen Features anzubieten, sondern vielmehr die Services anzubieten, die aus Kundensicht relevant sind. Knapp die Hälfte der Innenstadtbesucher wünschen sich ein kostenfreies WLAN. Viel wichtiger ist jedoch ein nutzerorientiertes und -freundliches Handling der entsprechenden Angebote. Gleichermaßen stellt die Information über das Gastronomie- und Einzelhandelsangebot einer Stadt ein wichtiges Kriterium aus Konsumentensicht dar, was jedoch nicht mit einem eigens für die Stadt entwickelten Online-Marktplatz verwechselt werden sollte. Letzteres ist aus Kundensicht schlichtweg irrelevant und zum Scheitern verurteilt, was die gescheiterten Versuche einiger Städte deutlich belegen. Im Kampf gegen Amazon und Co. hilft es nicht, diese Wettbewerber zu imitieren, sondern vielmehr die eigenen Stärken hervorzuheben.

Um die Attraktivität der Innenstadt wieder zu stärken und Kunden in die Städte zurückzuholen, sollten Konsumenten und deren Bedürfnisse künftig in den Vordergrund gestellt werden – sowohl durch die Stadtentwicklung als auch durch dort ansässige Händler und Gastronomen. Konsumenten erwarten heute einmal mehr ein Einkaufserlebnis. Sie wollen durch das Angebot, die Vielseitigkeit und Einzigartigkeit der Stadt immer wieder aufs Neue begeistert werden. Dabei ändert sich die Rolle der Innenstadt von einem reinen Transaktionspunkt (Point of Sale) zu einem ‚Point of Experience‘.

 

POV#3_Erwartungen an Einkaufsstandort

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Schlagworte:

Brick-and-Mortar, City Centre, Digitale Services im Handel, Diversity, Einkaufsstandort, Handel, Innovative Storeformate, Point of Experience, Point of View, Pop-up-Stores, Retail

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